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VwVfG  
Verwaltungsverfahrensgesetz

Öffentliches RechtVerwaltungsrecht

Allgemeines Verwaltungsrecht

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes (§ 49 VwVfG)

Öffentliches RechtVerwaltungsrechtAllgemeines Verwaltungsrecht

Prüfungsschema für die hohen verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen des Widerrufs eines rechtmäßigen (bei rechtswidrigen einfachere Rücknahme möglich) Verwaltungsaktes.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Allgemeines
  3. Rechtmäßigkeit des Widerrufs-VAs
  4. Formelle Rechtmäßigkeit 
  5. Zuständigkeit
  6. Verfahren, Form
  7. Materielle Rechtmäßigkeit 
  8. Tatbestand
  9. Rechtmäßigkeit des Ausgangs-VAs
  10. Unterschiedliche Rücknahmevoraussetzungen für belastende und begünstigende VAe
  11. Frist
  12. Rechtsfolge: Ermessensentscheidung
  13. Weitergehende Ansprüche

 

Sind spezialgesetzliche Rücknahme-/ Widerrufsvorschriften einschlägig (z.B. § 45 WaffG), werden §§ 48 und 49 VwVfG durch jene verdrängt.

 

 

Allgemeines

Verwaltungsakte können aufgehoben (widerrufen oder zurückgenommen) werden:

Aufhebung

Rücknahme, § 48 VwVfG

Widerruf, § 49 VwVfG

 

  • Rücknahme
    Rechtswidrige Verwaltungsakte sind nicht automatisch nichtig (Umkehrschluss aus § 43 III VwVfG). Sie müssen gesondert nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden.

  • Widerruf

    • Rechtmäßige Verwaltungsakte können aufgrund des Bestandschutzes nur unter erhöhten Anforderungen nach § 49 VwVfG widerrufen werden. 

    • Aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses können auch rechtswidrige Verwaltungsakte unter diesen erhöhten Voraussetzungen widerrufen werden (z.B. wenn die Verwaltung irrtümlich von einem rechtmäßigen VA ausging).

 

VA

Belastend

Begünstigend

Rechtswidrig

Rücknahme, § 48 I 1 VwVfG
(und Widerruf Erst-Recht-Schluss)

Rücknahme, § 48 I 2, II-IV VwVfG

(und Widerruf Erst-Recht-Schluss)

Rechtmäßig

Widerruf, § 49 I VwVfG

Widerruf, § 49 II, III VwVfG

 

 

 

 

Rechtmäßigkeit des Widerrufs-VAs

Es handelt sich bei Rücknahme und Widerruf jeweils um erneute, gesondert angreifbare Verwaltungsakte (actus contrarius-Theorie). Die Entscheidung über die Rücknahme / den Widerruf liegt jeweils grds. im Ermessen der Behörde („kann“).

 

Formelle Rechtmäßigkeit 

Zuständigkeit

Verfahren, Form

Siehe Schema Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes (§ 35 VwVfG)

 

Materielle Rechtmäßigkeit 

Tatbestand

Rechtmäßigkeit des Ausgangs-VAs

Grundfall des Widerrufs: Der Ausgangs-Verwaltungsakt war rechtmäßig (siehe dazu das Schema Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes).

Aber aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses, kann auch ein rechtswidriger VA unter den erhöhten Voraussetzungen des § 49 VwVfG widerrufen werden.

Unterschiedliche Rücknahmevoraussetzungen für belastende und begünstigende VAe

Belastender VA

Begünstigender VA

Nach § 49 I VwVfG grds. keine zusätzlichen Voraussetzungen (seltene Ausnahme: Fälle des § 49 I VwVfG aE).

Alle begünst. VA

Nur leistungsgewährend begünst. VA

Widerruf mit Wirkung für die Zukunft, wenn einer der in § 49 II 1 Nr. 1 – 5 VwVfG enthaltenen Widerrufsgründe vorliegt.

(Zusätzlich auch) Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn einer der in § 49 III 1 VwVfG enthaltenen Widerrufsgründe vorliegt.

 

Frist
  • Keine Frist für den Widerruf belastender VAs.
  • Für begünstigende VAs gilt gem. § 49 II 2 VwVfG bzw. § 49 III 2 VwVfG die Jahresfrist aus § 48 IV VwVfG entsprechend. D.h. die Behörde kann den VA binnen eines Jahres nach Kenntnisnahme von den widerrufsbegründenden Umständen widerrufen.

 

Rechtsfolge: Ermessensentscheidung

Grundsätzlich steht der Widerruf im Ermessen der Behörde, § 49 I, II, III VwVfG. Der Widerruf eines VAs wegen Nichterfüllung einer Auflage (§ 49 II 1 Nr. 2 VwVfG) ist i.d.R. nur verhältnismäßig, wenn zuvor eine Abmahnung erfolgt ist (Rspr. BVerwG).

 

 

 

Weitergehende Ansprüche

Belastender VA

Begünstigender VA

(-) da VA rechtmäßig

Alle begünst. VAs
(nur in den Fällen d. § 49 II Nr. 3 - 5 VwVfG)

Nur leistungsgewährend begünst. VAs
(in Fällen des § 49 III VwVfG)

Ggf. Anspruch gegen die Behörde nach § 49 VI VwVfG auf Ersatz des Vermögensnachteils (negatives Interesse)

Ggf. Erstattungsanspruch der Behörde nach § 49a VwVfG

 

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